Es war einer meiner ersten eigenen Beiträge, die ich für TeleBielingue filmte. Eine banale kleine Story, über eine Pizzeria, die für ein Glas Apfelsaft 6 Franken 40 verlangt. Auf Facebook regt man sich ob des überrissenen Preises auf und die neueste, unerfahrenste Journalistin von TeleBielingue steht also in der Pizzeria um die Besitzerin des Lokals (die Migros) zur Rede zu stellen. Aber darum gehts hier gar nicht. Sondern um das schlechte Gewissen, mit dem die junge Journalistin schlussendlich die riesige Pizza mit zurück in die Redaktion brachte. Der Pizzaiolo hat mich zwar überredet, die Pizza mitzunehmen, da er sie sonst wegwerfen müsse. Aber auf dem ganzen Rückweg plagte mich der Gedanke, ich hätte aufgrund einer Pizza meinen Berufsstolz aufgegeben. Eine käufliche Journalistin. Mit Pizza.
Der Chef beruhigte mich, ein Stück Pizza in der Hand. Das sei ja mal gar nichts, ihm seien schon teure Uhren und Karibikferien angeboten worden. Solange man ein Geschenk an einem Tag essen könne, sei es keine Bestechung.
Seither habe ich mich daran gehalten. Was nicht besonders schwierig war, denn bisher hat mir noch kein Interviewpartner etwas Wertvolleres als ein Paar Bio-Würste und selbstgemachtes Eis für die Redaktion mitgegeben.
Im Medienethik-Kurs am MAZ haben wir das Thema dann noch einmal besprochen, und da wurde mir klar:
- Ich hatte mich bis dahin eigentlich medienethisch immer korrekt verhalten.
- Ich würde das Angebot zum Segelflug mit der netten und sympathischen OK-Präsidentin der Seegelflugkonverenz niemals annehmen dürfen
Während des Interviews habe ich mich mit der Segelpilotin sehr gut verstanden. Man merkte ihr die Begeisterung fürs Segelfliegen, für Windströmungen und Wetterwechsel sofort an, und die Geografin in mir war an ihren Ausführungen höchst interessiert. Das Interview war vorbei, und dann kam das Angebot:
„Hier ist meine Emailadresse. Wenn Sie einmal an einem Segelflug interessiert sind, kann ich Sie sehr gerne mal mitnehmen, auch ohne Kamera.“
Ein sehr grosszügiges Angebot, und vermutlich ohne grosse Hintergedanken ihrerseits. Aber doch deutlich mehr als eine Pizza oder eine Bio-Wurst.
Meine Haltung, was Geschenke betrifft, habe ich nicht geändert. Aber ich bin mir bewusst geworden, dass auch grössere Angebote der sympatischsten Interviewpartner mit den geringsten Hintergedanken aus Prinzip abgelehnt werden müssen. Und dass ich vor dem Medienethik-Kurs ohne gross darüber nachzudenken das Segelflugangebot angenommen hätte. Das schlechte Gewissen wegen einer Pizza sollte man sich als Journalistin also doch nicht völlig abgewöhnen.